Im Freistand entwickelt sich die Linde zu einem stattlichen Baum mit kurzem, dickem Schaft und einer von starken, knorrigen Aesten getragenen, tief herabreichenden, runden Krone von geschlossener Form.

Lindenholz gehört zu den Reifhölzern. Es hat einen ziemlich breiten Spint und ist ohne Farbkern. Das Holz hat Seidenglanz, ist weich und leicht, doch fest und zäh, denn es besitzt eine feine und dichte Struktur. Das Holz lässt sich in allen Richtungen leicht bearbeiten und wird als Werkstoff, insbesondere auch zum Schnitzen, sehr geschätzt.

Der Mensch liebt die Nähe der Linde. Sie schmückt den grossen Platz in der Siedlung und gibt ihm ein Zentrum. Oft steht sie neben dem Bauernhaus, wo sie zur Blütezeit die berauschenden und betörenden Düfte verströmt.

Die Germanen haben unter Linden Gerichtstage abgehalten. Weithin sichtbare Linden auf Hügelkuppen galten als Freibäume, und wer ihr schützendes Laubdach erreichte, durfte nicht gefasst und gerichtet werden. In friedlichen Zeiten sind die Ortslinden Treffpunkte der tanzlustigen Jugend gewesen. Hier trafen sich auch die Alten zum Feierabendgespräch bei sich neigendem Sommertag.

Noch immer, wie von alters her, gehen von der Linde auch heilende Kräfte aus. Es sind die Blüten, die einen rubinfarbenen Trank bereithalten, wenn man durch längeres Kochen mit Brunnenwasser einen Tee bereitet. Eine Reihe von Heilstoffen werden dann gelöst. Er wirkt durststillend, schweisstreibend und schmerzlindernd. Kranken bringt dieser wundersame Trank Heilung und wohltuenden Schlaf.

Quelle:
Unsere einheimischen Nutzhölzer von Paul Guggenbühl, Verlag Stocker-Schmid, Zürich 1980

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